Unsere Chronik
15 Jahre Eschweger Tafel: Vom Stadtteilladen bis in die Hindenlangstraße
März 1998 – für die Eschweger Tafel so etwas wie der „Geburtstag“. Denn im März 98 gaben Karin Wendellborn, die damalige Leiterin der Familienbildungsstätte, und Jutta Stümpel vom Sozialen
Stadttteilladen die Anregung, auch in Eschwege nach dem Beispiel anderer Kreisstädte eine Tafel für bedürftige Mitbürger zu gründen.
Diese Anregung fiel sofort auf fruchtbaren Boden, denn schon sechs Monate später, am 8. September 1998, trafen sich 20 Gleichgesinnte im Sozialen Stadtteilladen im Jasminweg, um die Eschweger
Tafel zu gründen, und die Idee, bedürftigen Menschen zu helfen in die Tat umzusetzen.
Im Gründungsprotokoll heißt es sinngemäß: Katharina Nennewitz, eine Bäuerin aus Wanfried, begrüßte die Anwesenden, gab einen kurzen Rückblick über die in den sechs Monaten bereits geleistete Arbeit.
Vorgeschlagen wurde, ein Team von fünf Personen zu wählen, das in den ersten Jahren die Tafel gemeinschaftlich leiten sollte.
So geschah es dann auch. Katharina Nennewitz, die Bäuerin aus Wanfried, Beate Bös-Schwarzer, Kosmetikerin aus Eschwege, Annelie Henke, Hausfrau aus Eschwege, Iris Gleim, Verwaltungsangestellte aus
Eschwege, und Martin Oppermann, Elektroniker aus Wehretal, übernahmen die Aufgabe, die Eschweger Tafel durch die ersten Jahre zu führen. Annelie Henke wurde mit Kassengeschäften betraut, Iris Gleim
wurde erste Schriftführerin.
Anlaufschwierigkeiten
Leicht war der Einstieg nicht für die Eschweger Tafel, die mit einigen Anlaufschwierig-keiten zu kämpfen hatte. Die Idee der Tafel musste erst einmal bekannt gemacht, Bäckereien und Geschäfte
angesprochen werden, damit sie Lebensmittel zu Verfügung stellen. In der ersten Zeit sammelten die Helfer die Lebensmittel in ihren Privatwagen ein, brachten sie auf den Heuberg in den
Stadtteilladen, wo nach der Genehmigung der Betreiber des Ladens auch die erste Ausgabestelle war. Gleichzeitig begann aber auch die Suche nach einem neuen, zentral gelegenen Raum.
Im September 2000 dann die erste Umorganisation im Vorstand. Da Beate Bös-Schwarz und Katharina Nennewitz aus dem Fünfergremium ausschieden, entschied man sich zur Wahl eines kleineren Vorstandes.
Mit diesem Ergebnis: 1. Vorsitzende Annelie Henke, 2. Vorsitzende und Schriftführerin Iris Gleim, Schatzmeister Martin Oppermann.
Das Raumproblem hatte sich bereits 1999 gelöst, als die Tafel in die Räume in der Hospitalstraße umzog. Im März 2000 wurde ein vom Sozialamt bezahlter Fahrer eingestellt, der den inzwischen zum
Warentransport angeschafften eigenen Wagen, einen Peugeot, fuhr. Der „Gebrauchte“ war ein Geschenk der Remscheider Tafel. Im Juni stellte sich die Tafel mit einem „Tag der offenen Tür“ der
Bevölkerung und den politischen Gremien vor. Zu dieser Zeit gab die Eschweger Tafel bereits 285 Ausweise für Bedürftige aus.
In den folgenden Jahren bemühten sich die Mitglieder der Tafel bei Geschäften und politischen Gremien um neue Kontakte, um die ständig wachsende Gruppe von Bedürftigen auch versorgen zu können. Mit
Flohmärkten und Basaren besserte die Tafel, der 2004 schon 45 Mitglieder angehörten, ihre schmale Kasse auf, wurde aber immer mehr auch von Geschäftsleuten, Schulen und Clubs wie den Rotariern und
vom Lions-Club mit Sach- und Geldspenden unterstützt.
Großherzige Spender
Dank großherziger Spender konnten 2005 ein neuer Lieferwagen, aber auch Kühlschränke und hygienische Stahltische angeschafft werden. Die 2. Vorsitzende Iris Gleim schied aus dem Vorstand aus,
Brigitte Siefken wurde ihre Nachfolgerin. Wiedergewählt die Vorsitzende Annelie Henke, Schatzmeister Martin Oppermann und Birgit Müller als Schriftführerin. Die Lebensmittel-Spenden ließen nach, so
dass man sich zur einer Verkürzung und Verringerung der Ausgabetage entschließen musste: So wurde der Donnerstag gestrichen, Bedürftige durften nur noch einmal in der Woche Waren abholen.
Durch den Einsatz der Tafel-Mitglieder konnten 2006/2007 weitere Einschränkungen vermieden werden. Durch die ständig steigende Zahl der Kunden wurden auch die Räume in der Hospitalstraße zu klein.
Die Suche nach größeren Räumen blieb aber erfolglos. Auch in den späteren Jahren, was die Arbeit der Mitarbeiterinnen bei ständig steigender Zahl der Kunden nicht gerade erleichterte.
Im November 2007 fiel dem Vorstand ein Stein von Herzen, als auch das Problem „neuer Kühlwagen“ endlich gelöst werden konnte. Denn der Bundesverband Deutscher Tafeln hatte mit der Daimler-Chrysler-AG
ein Sponsoring ausgehandelt. Der Vertreter von Mercedes-Schäfer in Eschwege übergab der Tafel im November den neuen Mercedes-Vito, den Mercedes mit 38 Prozent sponserte. Den Rest finanzierte die
Eschweger Tafel über Spenden. Der Vito, nun schon fünf Jahre im Gebrauch, verrichtet übrigens heute noch vorbildlich seinen Dienst.
2009 Umstrukturierungen im Tafel-Vorstand: Annelie Henke blieb Vorsitzende, für Brigitte Siefken übernahm Birgit Müller die Aufgaben der 2. Vorsitzenden, für den langjährigen Schatzmeister Martin
Oppermann trat Christian Gnaß in den Vorstand ein. Gudrun Daniel wurde neue Schriftführerin.
Probleme bereiteten die nachlassenden Lebensmittel-Spenden. Diskutiert wurde ein Zukauf von Lebensmittel, der aber vom Bundesverband der Tafeln nicht gern gesehen wird. Man argumentiert: Die Tafeln
übernehmen keine Vollversorgung der Kunden, die gesammelten und ausgegebenen Lebensmittel sollen immer nur ein „Zugabe“ sein. Und ausgegeben werden kann nur das, was vorher von den Spendern
eingesammelt wurde.
An diesen Grundsatz hält sich die Eschweger Tafel auch heute noch. Auch bei der Ausgabe von Lebensmitteln an drei Tagen ist es bis heute geblieben.
Eine stark beachtete Anerkennung der Arbeit der Eschweger Tafel war der Sozialpreis des Kreises, den Landrat Stefan Reuß im Dezember 2009 an die Eschweger Tafel überreichte. Ein zweites Mal wurde die
Tafel, aber auch die 2. Vorsitzende Birgit Müller, beim Werra-Meißner-Tag 2011 mit diesem Sozialpreis ausgezeichnet.
Ein „historischer“ Tag
Der 22. März 2010 war so etwas wie ein „Historischer Tag“ für die Eschweger Tafel: Nach 12 Jahren Mitarbeit, davon 11 Jahre als 1. Vorsitzende, schied Annelie Henke aus persönlichen Gründen aus.
„Diese sinnvolle Arbeit hat mir viel gegeben“, war Annelie Henkes Resümee dieser Arbeit, für die ihr die Tafel mit einem großen Blumenstrauß und herzlichem Beifall dankte. Margot Furchert trat nach
einstimmiger Wahl die Nachfolge als 1. Vorsitzende an.
Nach genau einem Jahr, in der Jahres-Versammlung am 22. März 2011, schilderte Margot Furchert ihre Eindrücke nach einem Jahr Tafelarbeit, die ihr „trotz einigem Ärger und viel Arbeit großen Spaß
gemacht“ habe. Ihr Dank galt der guten Zusammenarbeit mit den Vorstandsmitgliedern und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Tag für Tag, Woche für Woche für nun schon über 400 Kunden der
Tafel die Lebensmittel heranschaffen und ausgeben. Eine große Hilfe ist der Tafel auch der erste Bürgerarbeitsplatz für eine Fahrerin des Kühlwagens, den der Werra-Meißner-Kreis vermittelte und der
zum größten Teil von der EU bezahlt wird.
Aber auch darüber herrscht beim Vorstand, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Tafeln große Freude: Am 1. Juli 2011 konnte die Eschweger Tafel nach langem Suchen und einigen Absagen endlich in
angemietete neue Räume in der Hindenlangstraße 1b umziehen, wo nun geradezu ideale Bedingungen bei der Ausgabe und Lagerung der Lebensmittel herrschen. Das erleichtert bei der ständig steigenden Zahl
der Kunden nicht nur dem Vorstand, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Arbeit, und wird auch von den Kunden begrüßt und sehr gut angenommen.
2013: Geburtstag und ein neuer Vito
Am 7. September 2013 feierte die Tafel mit vielen Gästen in den neuen Räumen ihren 15. Geburtstag. Dabei waren neben vielen Sponsoren und Gönnern der Bundestagsabgeordnete Helmuth Heiderich (CDU), die Landtagsabgeordneten Sigrid Erfurth (Grüne) und Dirk Landau (CDU), die Kreisbeigeordnete Helga Först und Eschweges Erster Stadtrat Rainer Brill.
Ein weiterer Grund zur Freude war, dass die Tafel einen neuen und größeren Mercedes-Kühlwagen in Dienst stellen konnte, den die Firma Mercedes-Schäfer im Namen der Daimler AG übergab. Finanziert wurde der neue Vito zu einem erheblichen Prozenzsatz von der Daimler AG, von Spenden, die die Tafel für diesen Zweck zurückgelegt hatte, aber auch von Spenden z.B. des Rotary- und des Lions-Clubs.
Text: Siegfried Furchert